Sonntag, 22. Juli 2012


Sophie Calle und ihr Werk "Prenez soin de vous" /"Passen Sie auf sich auf" beschäftigt mich immer wieder. Die Konzeptkünstlerin Sophie Calle ist 1953 in Paris geboren. Auf der Biennale 2007/2008  "think with the senses - feel with the mind" bin ich im französischen Pavillon ihrer Ausstellung " take care of yourself" begegnet. 
Davor hatte ich von der filmisch-fotografischen Dokumentation, die sie über den Tod ihrer Mutter und die letzten Lebensminuten gemacht hat gehört. Diese eigenartige intime Nähe des Todes vor Fremden darzustellen hat mich damals äusserst irritiert. Die filmische Darstellung des Todes als Kunst tangiert nicht nur ethische Grenzen.
Auch die Idee den Abschiedsbrief eines Lebensgefährten, den man nicht beantworten kann, 107 Frauen /Freundinnen/Kolleginnen vorzulegen, mit der Bitte um Interpretation, erscheint auf Anhieb befremdlich.
 "I received an email telling me it was over. I did't know how to respond. It was almost as if it hadn't been meant for me. It ended with the words "Take care of yourself". And so I did. I asked 107 women, chosen for their Profession or skills to interpret this letter. To analyze its, comment on it, dance it, sing it. Exhaust it. Understand it for me. Answer for me. It was a way of taking the time to break up. A way of taking care of myself.,"
Trotzdem hat das Kunstwerk mich nachhaltig beeindruckt. Auf zahllosen Monitoren besingen Sängerinnen das Abschiedsmail eines Mannes an Sophie Calle, tanzen Tänzerinnen, rezitieren Schauspielerinnen, analysieren Psychologinnen, korrigieren Lehrerinnen und verwandeln Wissenschaftlerinnen ihn in Formeln - ein vielstimmiger Trauergesang und Abschiedslied.
In den letzten Monaten habe ich viele Briefe mit lieben, verständnisvollen und anteilnehmende Worten und Zitaten von Patientinnen erhalten. Es hat mich sehr berührt, wie tief  manche Patientinnen mich verstanden ohne überhaupt Details zu kennen. Es ist wirklich erstaunlich von welchen unerwarteten Seiten oft unglaubliche Empathie kommt. 
Zeremonien helfen jedenfalls sicher bei der Bewältigung von Trauer, Abschied und Krankheit. Sie geben uns ein Gerüst und Stabilität. Trotzdem werde ich nicht aus den Briefen eine Collage à la Sophie Calle machen. Ich möchte mich einfach nur bedanken!

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