Donnerstag, 30. August 2012

Ärzte oder Onlinetools/DRGs?

Wohin führt uns die Gesundheitspolitik?  Welchen Weg geht die Medizin? Diese Frage beschäftigt nicht nur junge Medizinstudentinnen und Ärztinnen, sondern aufgrund der zahlreichen Skandale auch immer mehr Menschen allgemein. Werden die Ärzte durch schnellgebleichte Medizintechnologen und -manager ersetzt? Berichte wie der Transplantationsskandal und unnötige Knieoperationen füllen die Ferienlöcher der Yellow Press. Qualitätsmanagement ersetzt persönliche Zuwendung in den Krankenhäusern und Praxen. Das Personal beschäftigt sich zunehmend mit dem Ausfüllen von statistischen Daten, Kennzahlen und Dokumentationen um einen globalen Vergleich zu ermöglichen. Anstelle der seit Hippokrates existenten Heilkunst sind wir auf dem Weg zu einer technokratischen Medizinwissenschaft. Quantität und Vergleichbarkeit mit DRG (diagnosis related groups, diagnosebezogene Fallgruppen) ist wichtiger als Qualität und Zuwendung. Wer die höheren OP-Zahlen aufzuweisen hat, ist besser als der, der sich um seine Patienten kümmert. Als Zentrum darf sich nur bezeichnen, wer möglichst viele Zahlen hat. Da sind dann in Göttingen die Zahl der Lebertransplantationen wichtiger als das Wohlergehen der Patienten. Das medizinische Ethos bleibt auf der Strecke. Chefärzte/-innen werden von  Geldgebern und Verwaltungen unter Druck gesetzt, die OP-Zahlen müssen steigen. Patienten mit Schlaganfall dürfen nicht in eine Stroke-Unit verlegt werden, da man sonst auch in Zukunft "den Fall Schlaganfall" nicht  mehr abrechnen kann. Bürokratische Zettelausfüllerei anstelle von Handhalten und Zuhören. Kontrollwut, Leitlinien, gesundheitsökonomisch orientierte Leistungskataloge und DRGs verleugnen eine individuelle Medizin. Eine angeblich evidenzbasierte, zeitsparende Medizin wird von finanzorientierten Gesundheitsmanagern gesteuert. Werden Ärzte eines Tages durch Chats, Apps und Onlinetools überflüssig?
Nein! Es lebe der Arzt, der eine individuelle Heilkunst mit persönlicher Zuwendung, gegenseitiger Achtung und Vertrauen, Zeit für Gespräche und persönlich maßgeschneiderte Therapiewege anbietet. Der Arzt, der den Weg zur Heilung mit seinen Patienten gemeinsam geht und sie auch mal in den Arm nehmen darf und nicht die Seele den Klinikclowns und Psychotherapeuten überlässt! Diese Ärzte gab es immer und wird es immer geben! Lassen wir den Rest doch den Kaufleuten, IT-Fachleuten und Gesundheitsmanagern - aber laßt uns gute und echte Medizin machen!
Wie schon die Weber nicht durch Webstühle, so sind auch Bücher und Zeitungen sind nicht durchs Internet überflüssig geworden, auch Ärzte werden nicht durch PC's ersetzt! Das möchte ich den jungen Ärzten mit auf den Weg geben - wir brauchen auch im vor uns liegenden Jahrhundert vertrauenswürdige Ärzte, die mit uns reden, uns ernst nehmen und Therapieentscheidungen nicht nur nach Statistik und Health Technology Assessments = Technologiefolgenabschätzung in der Medizin treffen. Oder wie einer meiner Lehrer sagte: wir behandeln Menschen und nicht Laborwerte.



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