Sonntag, 2. Dezember 2012

Christkind und Weihnachtsmann



Wir haben die Kerze am Adventskranz angezündet und mit dem Adventskalender begonnen. Ich möchte die Zeit nutzen um über die deutschen Weihnachtsbräuche zu plaudern.

Alle diese Bräuche sind eine säkularisierte Mischformen aus regional unterschiedlichen Bräuchen nichtchristlichen Ursprungs zum Winter und der  Wintersonnwende und christlichen Bräuchen zur Geburt Jesu Christi, die auch diejenigen ansprechen, die sonst eher zu den Skeptikern zählen.

In meiner Familie und auch in der Familie meines Mannes kam nicht, wie heute üblich der Weihnachtsmann, sondern das Christkind. Im 18. Jahrhundert fand in katholischen Gegenden die Bescherung durch den Nikolaus und in evangelischen durch das Christkind statt. Die sprachliche Grenze zwischen Weihnachtsmann und Christkind verlief von Nordwesten nach Südosten durch Deutschland, daher gab es in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen das Christkind.

Ein fester Bestandteil ist bei uns der Kirchenbesuch, der Christmette oder Christvesper. Wobei wir in den vielen Jahren unserer Ehe wechselweise in Maria zum guten Rat, mit den Patenkindern zum Kindergottesdienst in katholischen Kirchen wie St. Bonifaz, in St. Johannes Baptist in Pfaffenhofen oder Kloster Scheyern waren oder auch zu zweit in der evangelischen Gustav-Adolf-Kirche in Ramersdorf.

Bereits vor Weihnachten, meist aber erst unterm Christbaum/Weihnachtsbaum wird die Weihnachtskrippe aufgestellt. Auf jeden Fall lohnt sich auch ein Besuch in St. Kajetan/Theatinerkirche - dort kann man eine wunderbaren Krippe in italienischer Landschaft bewundern.

Wie in den meisten deutschen Familien gibt es bei uns einen Tannenbaum, den wir am 24.12. morgens schmücken. Bei uns gibt es immer noch echte Kerzen und viel selbstgemachten Baumschmuck, z.T. noch aus meiner Kinderzeit wie Strohsterne, aus Goldpapier geflochtene Sterne und vieles mehr. Jedes Jahr kam etwas dazu. Jede Kerze am Baum bekommt eine rote Schleife mit dem Namen eines Freundes, von Verwandten oder Menschen, an den wir besonders denken wollen in diesem Jahr. „Ich zünde für Dich eine Kerze an unserem Weihnachtsbaum an“.

Seit vielen Jahren treffen wir uns am 23.12. abends bei Freunden, um die Weihnachtstage zu beginnen. Es ist eine schöne Tradition. Über viele Jahre hatten wir auch für den 24.12. mittags eine weitere solche Tradition, die mit dem gemeinsamen Kirchgang beschlossen wurde. In meiner Studentenzeit gingen wir an Heiligabend nach der Christmesse zu einem Schulfreund zum Würstlessen. Geschenke für die Erwachsenen gibt es bei uns schon seit vielen Jahren an Weihnachten nicht mehr, wir genießen das Zusammensein unterm Baum, die schöne Musik oder das köstliche Essen. Neben den üblichen Weihnachtsliedern wie „O du fröhliche, oh du selige“, „Stille Nacht, heilige Nacht“ oder „Vom Himmel hoch da komm ich her“ wurde bei uns immer das Lieblingslied meines Vaters „Tochter Zion, freue dich“ gesungen.   Von meiner Mutter oder Großmutter  habe ich mir als Kind immer "Es wird scho glei dumpa, es wird scho glei Nacht" gewünscht.  Die Texte muß ich heute nachlesen. Zu meiner Schande kann ich keinen einzigen Liedtext mehr vollständig, aber in Gemeinschaft findet sich manche Zeile leichter. Gott sei Dank findet sich im Internet Hilfe zum Ausdrucken - siehe unter http://www.derweg.org/mwbrauch/wheilidr.htm. Diese deutschen Weihnachtslieder sind eine herrliche Tradition - ich höre andere gerne singen und liebe den Klang schöner Stimmen. 

In unserer Kinderzeit gab es auch besondere Weihnachtsessen - „Seidenwürstle und Kartoffelsalat“ und „Rehbraten mit Spätzle“. Karpfen oder Gänsebraten wie bei Freunden üblich, gab es bei uns an Weihnachten nie. In meiner Kindheitserinnerung dominieren Düfte von Plätzchen wie den köstlichen Zimtsternen und Mandelmakronen meiner Mutter, aber auch von den Mandarinen und Apfelsinen auf dem Plätzchenteller, die damals ja sonst selten waren. Damals gab es auch die Räuchermanderl, in deren Innerem kleinen Räucherkerzen abgebrannt wurden. Seit einigen Jahren lädt eine Cousine meines Mannes den in München lebenden Teil der Familie Gruppe zum Gansessen zum Weissenbeck nach Unterbachern ein. Da geht's meist recht lebendig und fröhlich zu. Erst in den letzten Jahren ist mir klar geworden, wie sehr solche Traditionen für mich Hilfe und Stütze sind.

Auch wenn ich klare Linien in der Inneneinrichtung bevorzuge, liebe ich in der Vorweihnachtszeit Glitzer, Licht und Dekoration mit Kerzen und Schmuck. Wenn meine Damen Mandarinen essen und der Duft der Schale die Praxis erfüllt, bin ich beglückt.  Am 6. Januar freue ich mich, wenn die Dekoration wieder in den Keller kommt und der Baum „geplündert“ und die Wohnung wieder aufgeräumt wird.

In vielen Religionen gibt es kein Weihnachten, aber manchmal andere Feste zum Jahreswechsel. Um sie zu erfreuen bekommen die Kinder ab und zu trotzdem kleine Gaben. Ganz spannend ist, was meine Patientinnen aus aller Welt von den völlig unterschiedlichen Traditionen in ihren Ländern erzählen - vielleicht berichte ich dazu im nächsten Jahr.

Auch wenn heute oft zu viel geschenkt wird, kleine Gaben als Zeichen der Wertschätzung oder zur Überraschung und Anerkennung erfreuen unser Herz, erleichtern das Miteinander und zaubern bei allen Beschenkten ein Lächeln ins Gesicht. 

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