Sonntag, 29. Juli 2012


Noch bist du da (1977)


Wirf deine Angst 
in die Luft

Bald 
ist deine Zeit um 
bald wächst der Himmel 
unter dem Gras 
fallen deine Träume
ins  Nirgends

Noch 
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken 
noch bist du da 

Sei was du bist
gib was du hast


Rose Ausländer (1901 - 1988)

Dieses Gedicht hat mir meine Freundin Susanne gesandt. Was wir alle gemeinsam haben, ist die Freude an schönen Worten, augenzwinkerndem Humor, feiner Ironie und verbalem Tiefsinn. Das finden wir bei J. Ringelnatz, Chr. Morgenstern, M. Kaléko, R. Gernhardt, A. Lichtenstein, aber auch in den Aphorismen von G.Chr. Lichtenberg. Schon meine Eltern haben laufend "den Zaun mit Zwischenraum hindurchzuschauen", "das Reh aus Gips" und "die drei Spatzen", die "Schildschildkröte" oder "Fisches Nachtgesang" zitiert. Nachdem wir uns erstmals gesehen hatten, lud mein Mann mich zu Gerd Fröbes Rezitation von Christian Morgenstern in die Lach- und Schießgesellschaft ein. Diese gemeinsame Begeisterung ist geblieben. An einer unserer Vorhangschienen hängt aber auch das Gedicht von Schnitters: "Meine süße Puppe, mir ist alles schnuppe, wenn ich meine Schnauze auf die deine bautze"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen