Sonntag, 5. August 2012

Vergessene Gerichte der Kindheit

Was wäre ein Frauentreffen ohne einmal über Kochen und Esskultur zu sprechen?


Ich will hier keinesfalls ein Klischee verbreiten, gerade unter den Ärztekollegen in meinem Umfeld gibt es einige unglaublich gut kochende Männer! Mein eigener Ehemann rühmt sich allerdings immerhin Spiegelei und Darjeeling zu kochen. Dafür isst er mit grosser Begeisterung alles von mir Gekochte.
Verblüffend ist, dass auch die Küche einer Mode und wechselndem Geschmack unterworfen ist, nicht nur landsmannschaftlichen Unterschieden. Kürzlich habe ich mich in "Magenschonkost" geübt und mich dabei alter Rezepte wie Hühnerfrikassee, eingelegtes Kalbfleisch und Königsberger Klops erinnert. Nicht nur ich liebe Kapern in weißer Sosse. Bei uns daheim gab es das mit breiten Nudeln, in der Familie meines Mannes mit Reis, zu Einladungen als Königinnenpastete. 
Es macht richtig Spass, sich so an die Gerüche und den Geschmack der Kindheit zu erinnern. Erinnern Sie sich noch an typische Essen aus ihrer Kindheit, die es heute kaum noch gibt? 
Meine schwäbische Großmutter hat wunderbare Maultaschen gekocht - in der Brüh, mit g'schmelzte Zwiebel und am nächsten Tag mit Ei in der Pfanne wieder aufgebacken. Das gibt's auch heute noch. Aber ihre "Krautsfülle", ein Auflauf aus Weißkraut und im Fleischwolf durchgedrehtem gekochtem Fleisch mit viel Majoran/Beifuss und manchmal Kartoffelscheiben dazwischen, habe ich nie wieder gegessen. Ebenso gab es nirgendwo ihre süßen oder salzigen "Bauchstecherle" oder "Buabaspitzle", die nicht wie im Internet zum Teil beschrieben Schupfnudeln waren! Den "Gaisburger Marsch" habe ich allerdings nie gemocht! Meine andere Großmutter machte unter anderem ein köstliches Weinchaudeau, das wahrscheinlich wegen seiner Üppigkeit von der Dessertliste gestrichen wurde.
So vieles - Fürst Pückler-Eis, Charlotte Russe, Ofenschlupfer, Armer Ritter, Käseigel, Waldorfsalat, Würstchen im Schlafrock, Kalte Ente und Kalter Hund (gab es bei uns nie) und manches mehr - ist heute von der Speisekarte fast völlig verschwunden.
In den Sommerferien fuhren wir an heißen Sommertagen mit unserem Großvater ins Freibad auf die Nördlinger Marienhöh' und dazu wurde Kartoffelsalat ein Weckglas gepackt - mit "Saitenwürstchen" oder Schnitzelchen. Da läuft mir heute noch das Wasser im Mund zusammen.
Solche Erinnerungstouren mit Geschmack und Duft sind wirklich lustig. In der Erinnerung kommen dann Essen bei der Verwandtschaft, in Ferienorten mit dampfenden Krabben aus der Tüte vom Kutter in Sylt oder Klassenfahrten mit völlig fremdem, gewöhnungsbedürftigem Essen wie süßer Graupensuppe oder Lapskaus und vieles mehr auf.


Man könnte die Erinnerungstour mit Tönen und Musik fortführen - Sonntagmorgens war geprägt von der Lieblingsmusik meines Vaters, laut ertönten Händels Alexanderfest oder Tochter Zion aus Judas Maccabäus durch alle Räume - natürlich vom Tonband, das es heute auch nicht mehr gibt -  abends Dvoráks "Aus der Neuen Welt".
Die Erinnerungen bringen mich noch beim Schreiben zum Schmunzeln. Vielleicht geht es ihnen, liebe Leserin ja auch so.

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